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DIE HAFTUNG DES WEGEHALTERS

Was versteht man unter dem Begriff „Weg“? Wer ist für die Erhaltung eines Weges zuständig? Wer haftet für Schäden, die durch dessen Mangelhaftigkeit entstehen und wie weit geht diese Haftung?

Diesen Fragen widmet sich unser aktueller Beitrag, der Ihnen einen Überblick über das Institut der Wegehalterhaftung im Sinne des § 1319a ABGB gibt.

Stand: 06/2023

Verfasser:

Der Begriff des Weges iSd § 1319a Abs 2 ABGB wird vom Gesetzgeber sehr weit ausgelegt. Es handelt sich um „Landflächen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder bestimmte Arten des Verkehrs benutzt werden dürfen, auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt sind". Dazu zählen öffentliche Verkehrsflächen aller Art wie Straßen unter Einschluss des Banketts (OGH, 2 Ob 235/15w), Mountainbikestrecken (OGH, 1 Ob 260/05z; 4 Ob 211/11z), Zufahrten zu Parkhäusern, von jedermann benutzbare Privatstraßen (OGH, 7 Ob 214/13s), Forst- und Wanderwege aber auch Rodelbahnen (ZVR 1991/132; OGH, 8 Ob 164/00a), Langlaufloipen (ZVR 1984/176) sowie Schipisten (OGH, 8 Ob 164/ Seite 1657 00a; OLG Innsbruck ZVR 1985/157; 3 Ob 213/14s). Voraussetzung ist stets, dass diese öffentlich begehbar sind; andernfalls wäre eine Haftung nach der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht zu beurteilen. Weitere Voraussetzung ist, dass der Weg nicht aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung genutzt wird; diesfalls haftet der Halter des Weges nach den allgemeinen vertraglichen Grundsätzen.

Zum Weg zählen auch die zugehörigen Anlagen wie Straßenbeleuchtung (RZ 1988/44), Geländer (OGH, 4 Ob 104/97s), Stützmauern (OGH, 7 Ob 597/91), Brücken, Bepflanzung (SZ 52/27) oder das Halteseil eines Klettersteigs (SZ 60/189).

Halter eines Weges ist derjenige, der die Kosten für die Errichtung und Erhaltung trägt und/oder die Verfügungsmacht über diesen hat (SZ 51/129; OGH, 5 Ob 283/99z; 8 Ob 164/00a; stRspr); es muss sich hiebei nicht zwangsläufig um die Person des Eigentümers handeln. Bei öffentlichen Straßen haftet die jeweilige Gebietskörperschaft (Bund, Bundesland, Gemeinde) als Straßenhalter.

Der Wegehalter hat für die Verkehrssicherheit des Weges und in Folge für Schäden einzustehen, die einem berechtigten Benützer durch dessen Mangelhaftigkeit entstehen, sofern der Halter vorsätzlich oder grob fahrlässig Gefahrenquellen nicht beseitigt hat, obwohl ihm dies zumutbar gewesen wäre. Unter grober Fahrlässigkeit ist eine auffallende Sorglosigkeit, bei welcher „die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlichem Maße verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist“, zu verstehen.

Wenn der Geschädigte einen Weg nicht hätte benutzen dürfen, kann er sich auf dessen Mangelhaftigkeit jedoch nicht berufen (OGH, 7 Ob 171/11i).

Die Mangelhaftigkeit des Weges ist nach den Verkehrsbedürfnissen und der Zumutbarkeit entsprechender Sicherheitsmaßnahmen durch den Wegehalter zu beurteilen. Das Merkmal der Zumutbarkeit erfordert die Berücksichtigung dessen, was nach allgemeinen und billigen Grundsätzen vom Halter erwartet werden kann (RIS-Justiz, RS0030180). Welche Maßnahmen ein Wegehalter im Einzelnen zu ergreifen hat, richtet sich danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, seiner geografischen Situierung in der Natur und dem daraus resultierenden Maß seiner vernünftigerweise zu erwartenden Benutzung (Verkehrsbedürfnis), für seine Instandhaltung angemessen und nach objektiven Maßstäben zumutbar ist (RIS-Justiz, RS0030180 [T2]; RS0029997).

Beispiele für einen haftungsauslösenden mangelhaften Zustand eines Weges sind z.B.:

• das Fehlen eines Brückengeländers im Verlauf einer kurvenreichen Rodelabfahrt (OGH, 4 Ob 592/80)
• fehlende Bestreuung einer Straße bei Schneeglätte/Eis
• eine Viehabsperrung in Form eines über den Weg gespannten, kaum sichtbaren und nicht gesicherten Weidedrahts
• eine ca. 10 cm hohe Schwelle auf einem Gehsteig, verursacht durch eine unter der Asphaltdecke verlaufende Baumwurzel (OGH, 4 Ob 72/01v)

Die Verjährungsfrist zur Geltendmachung von Schäden aus der Wegehalterhaftung beträgt drei Jahre ab Kenntnis von Schaden und Schädiger, längstens jedoch 30 Jahre ab Schädigung (§ 1489 ABGB).

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